Stellungnahme zur Wahl des interessengerechten Rechtsbehelfs
-
Vor Haftbefehlserteilung
Zunächst gilt es zu beachten, dass im Vorfeld vor Erlass eines Haftbefehls es die schnellste Möglichkeit ist, den zuständige Staatsanwalt vom Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Haftbefehls zu überzeugen.
-
Nach Hafbefehlserteilung aber vor Vollzug
Gegen einen nicht vollzogenen Haftbefehl, kommt als statthafter Rechtsbehelf nur die Haftbewerde in Betracht;
denn gegen einen nicht vollzogenem Haftbefehl ist der Antrag auf Haftprüfung unzulässig ( § 117 I StPO).
-
Nach Hafbefehlserteilung und nach Vollzug
Bei vollzogenem Haftbefehl kommt ein Antrag auf Haftprüfung (§ 116 StPO ff.) oder Haftbeschwerde (§ 304 ff.) in Betracht.
-
Vorgehen gegen Art und Weise der Durchsetzung des Haftbefehls
Bei Zurwehrsetzung gegen die Art und Weise der Durchsetzung des Haftbefehls bei der Festhnahme ist ein Antrag auf richterliche Entscheidung nach § 98 II 2 StPO analog geboten.
Klausurtipp: In der Klausurkonstellation wird der Haftbefehl meist vollzogen sein. Daher werden diese Rechtsbehelfe oft zusammen wie hier dargestellt. Sind beide Rechtsbehelfe möglich erfolgt in ganz am Ende dann die Erörterung der Vor- und Nachteile des jeweiligen Rechtsbehelfs.
Zulässigkeit von Haftprüfung und Haftbeschwerde
Klausurtipp: Die Zulässigkeit ist meist nur knapp zu prüfen.
Statthaftigkeit
Der Antrag auf Haftprüfung hat Vorrang gegenüber der Haftbeschwerde (dazu unten mehr).
Antrags- bzw Beschwerdebefugnis
Die des Verteidigers ergibt sich beim Antrag auf Haftprüfung aus § 118 b und
bei der Beschwerde aus § 297 StPO.
Beschwer
Die Beschwer ist durch den Haftbefehl immer gegeben.
Adressat des Rechtsbehelfs
Die Haftbeschwerde ist beim Ermittlungsrichter einzulegen (§ 306 I StPO); der ihr abhelfen kann. Hilft er ihr nicht ab, so legt er die Beschwerde dem nächst höheren Gericht vor (§ 306 II StPO), sog. Devolutiveffekt.
Der Antrag auf Haftprüfung wird beim Ermittlungsrichter eingelegt (§ 126 StPO).
Form
Der Antrag auf Haftprüfung ist formfrei.
Der Antrag auf Beschwerde schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden (§ 306 I StPO).
Frist
Es gibt für beide Rechtsbehelfe keine Frist zu beachten.
Begründetheit von Haftprüfung und Haftbeschwerde
Eine Aufhebung des Haftbefehls kommt aus
- inhaltlichen Mängeln oder
- fehlender Voraussetzungen
in Betracht. Eventuell ist der Haftbefehl gegebenenfalls außer Vollzug zu setzen (§ 116 StPO).
Die Voraussetzungen des Haftbefehls sind:
- Vorliegen eines Antrags der Staatsanwaltschaft
Ausnahme: bei Gefahr in Verzug von Amts wegen durch den Ermittlungsrichter (§ 125 I Fall 2 StPO),
- dringender Tatverdacht,
Prüfung der Strafbarkeit und insbesondere Fragen der Verwertbarkeit der Beweismittel.
- Vorliegen eines Haftgrundes,
- Verhältnismäßigkeit.
Beachte: Maßgeblich ist, ob die Voraussetzungen im jetzigen Entscheidungszeitpunkt vorliegen.
Weitere Vorgehensweise/Zweckmäßigkeitserwägungen
Soweit beide Rechtsbehelfe möglich sind, ist es notwendig die Vor- und Nachteile derselben abzuwägen.
Zunächst Beachtung des Vorrangs des Antrags auf Haftprüfung
Beide Vorgehensweisen sind gleichzeitig nicht zulässig.
Sobald der Antrag auf Haftprüfung gestellt ist kann eine Beschwerde nicht erhoben werden, bis über den Antrag entschieden ist.
Eine Beschwerde, die vor Antrag auf Haftprüfung eingelegt wurde, wird ab dem Zeitpunkt der Beschwerdeeinlegung unzulässig.
Vorteil und Nachteile des Antrags auf Haftprüfung
Der Antrag auf Haftprüfung kann wiederholt werden.
Beim Haftprüfungsantrag kann der Verteidiger eine mündliche Verhandlung erzwingen.
Der positive persönliche Eindruch vom Mandanten durch den Haftrichter kann die Entscheidung erheblich beeinflussen. Dies insbesondere beim Haftgrund der Fluchtgefahr.
Er ist meist schneller. Die mündliche Verhandlung muss unverzüglich, spätestens nach zwei Wochen nach Antragsstellung anberaumt sein (§ 118 V StPO). Das ist ein ganz entscheidendes Argument für den Haftprüfungsantrag.
Vorteile und Nachteile der Haftbeschwerde
Die Haftbeschwerde kann nur ein einziges mal eingelegt werden (§ 310 I StPO).
Es entscheiden andere Richter, die die Sach- und Rechtslage anders einschätzen können (§ 306 II StPO);
wohingegen der Richter der den Haftbefehl angeordnet hat bei Nichtvorlage von neuen Aspekten, wohl eher bei seiner ursprünglichen Entscheidung bleiben wird.
Abwägung
Bei neuem Sachenvortrag, gewünschter Schnelligkeit, Fluchtgefahr also eher Antrag auf Haftprüfung.
Bei unverändertem Sachvortrag macht die Beschwerde aufgrund der Prüfung durch andere Richter mehr Sinn.
|